Sehr geehrter Herr Landrat,
die WG Landkreis – Fraktion beantragt, folgenden Antrag auf die nächste erreichbare Tagesordnung zu setzen:
Antrag auf Konkretisierung der Aufgabenstellung sowie Begleitung der vom Verwaltungsausschuss der Gemeinde Winsen (Aller) beschlossenen Untersuchung der Schutzgüter Boden und Wasser in der Umgebung der Munitionsentsorgungs-anlage MEA-2 in Winsen/Schmalhorn durch den Landkreis Celle
Selbst wenn zunächst die Gemeinde Winsen (Aller) den politischen Willen bekundet hat, mögliche Kontaminationen von Boden und Wasser auf ihrem Gebiet untersuchen zu lassen, kann der Landkreis Celle als zuständige Boden- und Wasserbehörde nicht aus seiner verwaltungsrechtlichen und politischen Verantwortung entlassen werden.
Es dürfte allen Beteiligten einleuchten, dass aussage- und bewertungsfähige Ergebnisse einer Untersuchung von Wasser und Boden durch unabhängige Institutionen (z.B. TÜV) maßgeblich von den Vorgaben beeinflusst werden, welche sich aus:
- den spezifischen technischen Eigenschaften der MEA-2,
- den in dieser Anlage thermisch umgesetzten, sehr unterschiedlichen Sprengstoffen und
- den Eigenschaften der außerhalb des Anlagengeländes anzutreffenden Natur (klimatische Verhältnisse, Wasser, Boden, Vegetation) einschließlich der Nutzung durch den Menschen (z.B. Landwirtschaft) ergeben.
Daher möge der Kreistag des Landkreises Celle beschließen:
1. Hinsichtlich des festzusetzenden Untersuchungsumfangs müssen Einflussnahmen seitens des Anlagenbetreibers Dynasafe Sales & Operations GmbH, des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Celle sowie des Grundstückseigentümers der Bunkeranlagen ausgeschlossen werden.
2. Der Wissenschaftlichkeit des Vorgehens bei Planung und Durchführung der Untersuchungen sowie der sachlich angemessenen Bewertung der Untersuchungsergebnisse ist Priorität vor allen anderen Erwägungen einzuräumen.
3. Die zuständigen Behörden des Landkreis Celle werden verpflichtet, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Winsen (Aller) eine umfassende Untersuchung aller Sprengstofftypen, welche in der MEA-2 einer Verbrennung zugeführt werden sowie aller erdenklichen in Frage kommenden Reaktionsprodukte vornehmen zu lassen. Sie können sich dabei der fachlichen Hilfe der unter Punkt 11. genannten Institutionen bedienen.
4. Die Fa. Dynasafe Sales & Operations GmbH (Betreiber der MEA-2) ist aufzufordern, sämtliche relevanten technischen Informationsdetails des Anlagenbetriebs in Schmalhorn sowie der zur Verbrennung gelangenden Sprengstofftypen offen zu legen.
5. Eine vorweggenommene Beschränkung des stofflich-analytischen Untersuchungsumfangs bei Boden und Grundwasser auf die von dem Leiter des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Celle, Herrn Dr. Thomas Knobloch, in der Sitzung des Umweltausschusses am 12.02.2015 genannten Parameter[1] bzw. ihrer Umsetzungsprodukte ist aufgrund der Komplexität des Ausgangsmaterials und der nachfolgenden chemischen Vorgänge strikt abzulehnen. Eine Liste der zu untersuchenden Boden- und Wasserparameter ist in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Winsen (Aller) als auch mit der die Untersuchungen durchführenden Institution zu erstellen und zu veröffentlichen.
6. Der maximale Ausbreitungsradius der den Abluftkamin der MEA-2 verlassenden Schadstoffe soll in Abstimmung mit der Gemeinde Winsen Winsen (Aller) festgelegt werden. Dabei sind sowohl die maximale Anlagenleistung von 600m3/h Abgasvolumen, genehmigungsrechtlich festgelegte Maximalverbrennungsmengen sowie auch die vorherrschenden Windrichtungen (aufgrund wetterdienstlicher Basisinformationen) zugrunde zu legen.
Daraus ergibt sich das Untersuchungsgebiet.
7. Innerhalb dieses Untersuchungsgebietes sind nach Maßgabe des finanziellen Rahmens zunächst die Vorschläge der untersuchenden Institution bezüglich Anzahl und Lage der Probenahmepunkte entgegenzunehmen.
8. Für die Grundwasseranalytik sollten aus Gründen der Schonung finanzieller Ressourcen der öffentlichen Hand ausschließlich existierende Brunnen genutzt werden. Die Beprobung dieser Brunnen kann nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der jeweiligen Eigentümer stattfinden. Das Wasserwerk Winsen (Aller) sollte in jedem Fall einbezogen werden.
9. Neben den allgemeinen Parametern (ph, etc.) soll die Liste der zu bestimmenden spezifischen Parameter beim Grundwasser in jedem Fall mindestens umfassen:
- Quecksilber (Hg)
- Blei (Pb)
- Arsen
- Antimon (Sb)
- Zink (Zn)
- Aluminium (Al)
10. Die Bodenanalytik ist ebenfalls nur mit Zustimmung der jeweiligen Flächeneigentümer möglich. Beprobungen, welche aus etwas größerer Tiefe (bis maximal Grundwasserspiegelniveau) erfolgen sollen, müssen möglichst schonend, keineswegs mit Bohrgerät auf Fahrzeugen vorgenommen und mit Bohrgut bzw. Ton wieder verfüllt werden. Kinderspielplätze und ökologisch sensible Landschaftsbestandteile sowie Flächen, welche der Weidewirtschaft (Milchvieh) dienen, sind bevorzugt zu beproben, soweit eine Betretungserlaubnis seitens der Eigentümer und Nutzungsberechtigten erteilt wurde.
Die Liste der zu bestimmenden spezifischen Parameter beim Boden soll in jedem Fall mindestens umfassen:
- Quecksilber (Hg)
- Blei (Pb)
- Arsen (As)
- Antimon (Sb)
- Zink (Zn)
- Aluminium (Al)
- Dioxine und Furane: Summenparameter und Einzelwert des 2,3 7,8 TCDD (Seveso-Gift!)
11. Für die der Boden- und Grundwasseranalytik folgende Identifizierung und Bewertung eventueller Anomalien sollten nachweislich Expertisen aus mindestens zwei der folgenden Institutionen herangezogen werden
- Umweltbundesamt (UBA)
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
- Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)
- Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
- Technischer Überwachungsverein, TÜV Nord
12. Beginn, Fortgang und Ergebnisse einschließlich des Abschlussberichtes sind den Mitgliedern des Celler Kreistages und den Ratsmitgliedern der Gemeinde Winsen (Aller) schriftlich und in den Sitzungen des Umweltausschusses sowie der Öffentlichkeit zumindest in Form downloadfähiger Dateien im Webauftritt des Landkreises Celle zugänglich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Torsten Schoeps
gez. Dr. Albrecht Hoppenstedt
gez. Ulrich Kaiser
[1] Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2), Gesamtkohlenstoff, Blei (Pb), Quecksilber (Hg), Chlorwasserstoff (HCl) und Gesamtstaub